Spiritualität

 

Georg, glaubst du, daß es übergeordnete Wesen gibt ?

 

Ich glaube, daß es höchst unwahrscheinlich ist und geradezu überheblich ist, zu glauben, daß es nur das gibt im Universum, was wir in irgendeiner Weise naturwissenschaftlich wahrnehmen oder errechnen können. Das würde ja voraussetzen, dass ausgerechnet wir Menschen mit Empfangsorganen ausgestattet sind, die alles wahrnehmen, was es gibt. Und unsere Intelligenz reicht wirklich für alles ?

Genauso unwahrscheinlich und überheblich ist es natürlich zu glauben, dass man weiß, was es sonst noch gibt. Nur vielleicht, weil es ein paar Überlieferungen oder alte Schriften darüber gibt.

 

 

Georg, welches Bild hast du von den derzeit vorherrschenden Glaubensgemeinschaften ? :

Immer wieder war es mir wichtig, die Hauptpunkte meiner Einwände parat zu haben,wenn Religionen allzu sehr mit der „rosaroten Brille“ gesehen wurden. So habe ich meine Hauptkritikpunkte in einem eigenen Kapitel kurz zusammengestellt.

 

Ideologien:   

In jüngerer Zeit allerdings hat sich die Bedeutung von Religionen immer mehr in den Hintergrund verschoben und anstelle dessen rücken Ideologien immer mehr in den Vordergrund. Diese sind genauso weit entfernt von der Logik der Aufklärung und logisch ebenso wenig argumentierbar. Die Gefahr liegt darin, dass sie sich so gut verkleiden, dass sie vielfach nicht als Ideologie erkannt werden. Ihre Anhänger kämpfen genauso emotionsgeladen und leicht verletzbar wie ihre Vorgänger in den Religionen.

 

 

 

Ich wünsche mir eine Religion.........

....die keinen zwingenden Glauben an einen Gott oder eine Göttin braucht

....die aus ganzem Herzen ja sagt zum Leben, zum Körper, zu Sinnlichkeit und Sexualität, die darin auch einen Weg zu Verbundenheit mit der universellen Ganzheit und Spiritualität sieht.

...die erweiternd und öffnend wirkt, symbolisiert durch nach oben geöffnete ausgestreckte Arme, sozusagen die Welt umarmend.

...die Grenzen der Freiheit des Einzelnen nur dort sieht, wo die Grenzen der (gleichberechtigten) Mitmenschen beginnen und auch dort, wo das Existenzrecht sonstiger Mitlebewesen und der Natur als Ganzes beginnt. Also statt untertan machen ein verantwortungsvolles Miteinander.

..die sich in ihren ethischen Grundregeln im Wesentlichen mit Kants kategorischem Imperativ deckt. Das heißt , Einschränkungen der persönlichen Freiheit sollen aus einer leicht einsehbaren Lebbarkeitsprüfung kommen. („Möchte ich das auch von meinen Mitmenschen?“)

..die der Gewaltfreiheit eine hohe Priorität einräumt. Die die Anwendung von Gewalt nur als letzten Akt der Notwehr eines Einzelnen oder der Gesellschaft zuläßt.

..die schon von Kindheit an die individuelle Entwicklung fördert, statt zu erziehen und einzuschränken.

..für die Toleranz und Achtung der Meinung anderer einen wesentlichen kulturellen Grundwert darstellt.

..für die einfühlen,verstehen und akzeptieren wichtiger für das Zusammenleben ist als Schuldzuweisungen, die meist neue Probleme entstehen lassen.

...für die der Begriff Sünde und Erbsünde nur noch mythologische Bedeutung hat und anstelle dessen nur noch den Begriff Selbstverantwortung anerkennen.

 

Glaubst du, daß die 10 Gebote heute noch relevant sind ?

Im Kern und im eigentlichen Sinn betrachtet kann man sie sicher auch heute noch anwenden; ich habe in einem eigenen Kapitel den Versuch gemacht, sie inhaltlich unserem heutigen Entwicklungsstand anzupassen.

 

 

 

 

Siehst du im Christentum auch spirituelle Elemente ?

Ich sehe im heutigen Christentum sehr viel Einengung durch freiheitsberaubende Verbotsstrukturen, Spiritualität aber braucht Erweiterung, zum Universum geöffnete Arme statt in Schuld und Unterwerfung gefaltete Hände.

In der Bibel des Neuen Testaments aber finde ich viel spirituelles Gedankengut :

„Was Du dem Geringsten meiner Brüder getan, das hast Du mir getan.“ statt „Du sollst nicht töten, stehlen...usw.“. Hier sehe ich einen Ansatz von spiritueller Verbundenheit mit allem, was mit uns ist. Daraus könnte sich ein Aufbau der Ordnung auf Mitfühlen, Einsicht, selbstgetragenes Verantwortwortungsgefühl entwickeln.

Später erfolgte eine Entwicklung ins Gegenteil: Ein Aufbau auf Drohung, Schuldgefühle, Angst, Polarisierung,Kampf, Gewalt, Krieg. Kreuzzüge,Hexenverbrennung,Terror. Die Kirche als Machtinstrument, als „Gewissen“ für die Machthabenden,als Rechtfertigung für Gewalt,Unrecht,Unterdrückung von freier Meinung und Sexualität. Aber auch dieser Aspekt ist wieder stark in den Hintergrund getreten, sehr vieles hat sich erheblich verbessert und wird aufgearbeitet.  

In der Gegenwart sind Ideologien aller Art mit ihren Einschränkungen von Gedanken- und Kommunikationsfreiheit weit verbreitet und bedrohlicher. Rationale, dem Geist der Aufklärung entsprechende Ansätze sind dadurch oft stark verdrängt.

 

 

 

Was ist für dich Spiritualität ?

Spiritualität ist für mich gefühlte Verbindung mit dem Ganzen; und das auch im täglichen Lebensablauf: zB. essen als Vereinigung mit dem Ganzen empfinden.